Gleich hinter dem Campingplatz gibt es einen Bauernhof, wo man Himbeeren selbstpflücken kann. Mein Frühstück für heute – sehr lecker. Da die Strecke heute nicht so lang ist, kann ich mir Zeit lassen.

Meine Zeltnachbarn, ein Pärchen aus Hamburg, die hier mit dem Rad hergefahren sind und Urlaub machen, können es nicht glauben, dass ich nur zu Fuß gehe. Sie starren mich mit offenen Mündern an. Die Reaktionen der Leute sind sehr verschieden, die meisten sind begeistert und interessiert. Für manche komme ich von einem anderen Stern, manche reagieren gar nicht irgendwie besonders, sie wünschen mir nur weiter viel Spaß. Ein älterer Mann hat nur den Kopf geschüttelt, er hätte dazu keine Meinung. Das war aber auch der einzige bisher, der das scheinbar nicht gut fand.

Bis zum nächsten Ort, wo ein Supermarkt ist, kann ich noch direkt am See entlang gehen. Nach einiger Zeit geht es tiefer in den Wald hinein.

Das war es dann aber leider mit schönen Wegen für heute. Nach einer Stunde habe ich den Ort erreicht. Ich kaufe ein und während ich an der Kasse noch meine Sachen einpacke, werde ich angesprochen. Ein 89-jähriger (wie ich später erfahre) Mann meint, er könne ja mein Opa sein, da kann ich auch ruhig einen Kaffee mit ihm trinken. Also setzen wir uns beim Bäcker hin, er drückt mir Geld in die Hand und ich bestelle ihm einen Kaffee und mir einen Tee. Ich komme nicht so viel zu Wort, also höre ich einfach zu. Er schwärmt vom Kaiserstuhl, wo er zweimal pro Jahr in den Urlaub hinfährt. Er war schon 54-mal dort, 17-mal allein seit seine Frau gestorben ist. Er ist ganz alleine und weiß nicht, ob er es dieses Jahr nochmal schafft, dahinzukommen. Ich glaube, es freut ihn, davon erzählen zu können. Er will mich auch noch ein Stück mitnehmen mit dem Auto, damit ich einmal Ratzeburg, die Inselstadt, von oben sehen kann. Er versteht aber, dass ich kein Auto fahren möchte, also erklärt er mir den Weg.

Bevor ich gehen kann, fragt die Verkäuferin beim Bäcker mich noch aus. Sie hatte vorher schon mitbekommen, was ich vorhabe. Gut, dass es mir bisher nichts ausmacht, immer wieder dieselben Fragen zu beantworten. Von Frauen kommt meistens die Frage, ob ich allein keine Angst und auch Pfefferspray dabeihabe. Nein und nein – wäre ja wenig entspannt, wenn ich so ängstlich hier herumlaufen würde!

Der weitere Weg führt mich leider nur noch an der Landstraße entlang, ohne Fahrradweg am Rand. Ich gehe am Rand der Straße und bin damit beschäftigt, die Seite zu wechseln, wenn eine Innenkurve kommt und noch weiter im Gras zu gehen, wenn mir Autos entgegenkommen, die keinen Platz machen. So bekommt man die Zeit auch rum.

Mir kommen 2 Radfahrer entgegen und einer von ihnen dreht und kommt mir hinterher, um mich zu fragen, was ich für eine Wanderung mache. Er hat selbst Deutschland schon zu Fuß durchquert, allerdings immer in Abschnitten von einer Woche. Und erst als er pensioniert wurde. Er ist viel E1 und E6 gegangen, hat in Flensburg begonnen und seine Wanderung am Bodensee beendet.

Mein Ziel heute ist der Lankauer See, laut Campingplatz einer der saubersten Seen Deutschlands. Baden erlaubt! Ich bin schon am frühen Nachmittag dort und setze mich an den See, um die Mittagspause abzuwarten. Die Rezeption öffnet erst wieder um 15 Uhr. Ein Mann macht das Foto von mir – „das schwere Gepäck muss ja mit drauf und dann die braunen Beine neben dem hellen See, sehr schön”.

Auch nach 15 Uhr treffe ich am Campingplatz niemanden an. Sowieso ist es sehr ausgestorben hier, es stehen zwar viele Wohnwagen da, aber es sind keine Leute zu sehen. Den Festnetzanschluss von der Homepage gibt es nicht und unter der Handynummer antwortet niemand. Sehr komisch. Direkt nebenan und noch näher am See ist aber noch ein zweiter Campingplatz. Es gibt zwar auch keine Rezeption, aber ich finde ein Pärchen, das mich zum Platzwart führt. Auf Spontanbesucher ist hier wohl niemand eingestellt. Später kommt auch die Besitzerin nochmal vorbei und fragt, ob ich mich vorher gar nicht angemeldet hätte. Jetzt ist alles durcheinander und andere neu angereiste Gäste müssen nochmal den Stellplatz wechseln. Naja, sie werden schon klarkommen mit ihrem Chaos.

Ich gehe eine Runde schwimmen, esse und lege mich dann hin.


14,9 km
3:05 h
112 hm
101 hm
78 m